Maxim Znak ist 1981 geboren, er ist Anwalt und stand immer auf der Seite der belarussischen Protestbewegung, vertrat Oppositionelle und ist selbst einer, weshalb er im September 2021 zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde. Er ist einer dieser vielen tapferen Menschen, die sich in Belarus wie in Russland dem Terrorismus der Machthaber widersetzen, zu allerhöchsten Preisen, wie man weiß, denn Mord ist, wie wir leider auch wissen, nichts wovor Putin und sein Kumpan Lukaschenko zurückschrecken würden.

Zekamerone (das vom Wort Zek stammt, dem russischen Begriff für Gefangener) ist eine Sammlung von 100 kleinen Geschichten, die Znak im ersten Jahr seiner Gefangenschaft schrieb. Wie sie aus dem Gefängnis an die Öffentlichkeit gelangten, ist ein Geheimnis und muss es bleiben. Der Autor darf nur mit vier Menschen korrespondieren, Vater, Schwester, Frau und Sohn, niemand sonst. Was wir in der Sicherheit unserer Welt lesen, ist unter ständiger Bedrohung und Gefahr geschrieben worden. Und es ist, wie die in den USA lebende belarussische Lyrikern Valzhyna Mort in ihrem Nachwort betont, ein Wunder, dass wir es überhaupt lesen können.

Znak hat all das zuerst seinen Mitgefangenen vorgelesen und sie damit zum Lachen gebracht. Es geht um ihren und seinen Alltag, um die Frage, wie man Zahnschmerzen ohne Medikamente bekämpft, wie vielfältig man mit dem Schaufel oder Gestapowka genannten Aluminiumbecher umgeht, der jeder Gefangene als eines seiner wertvollsten Besitztümer hat, wie man mit den Wärtern, der Angst, der drangvollen Enge in der Zelle umgeht und wie man dort beim täglichen Gang in einem winzigen Hof sogar Marathonlauf trainiert.

Diese kurzen Geschichten sind voller feiner Beobachtungen, Humor, Poesie und Widerstandswillen. Sie zeigen, was jemand sich von seinen Schergen nicht nehmen lässt, selbst unter schlimmstem Druck nicht, wie einer Mensch bleibt, eingesperrt von Unmenschen. Deshalb sollte man sie lesen, auch und vor allem, weil es einfach großartige Miniaturen sind, eine wie die andere.

Maxim Znak, Zekamerone. Geschichten aus dem Gefängnis. Aus dem Russischen von Henriette Reisner und Volker Weichsel. Suhrkamp. 20 Euro