Freitag den 20. I. 56
Gegen 20 Uhr Geburt. Geburtskanal langwierig. Die Hebamme Müller zerrt an mir. Vierschrötige Person. Plötzlich gleißendes Licht. Käseschmiere ekelhaft. Kolostrum mit Appetit. In der Nacht noch erste Begegnung mit Vater. Zwiespältigkeit. Erste Windel. Spät erstmals zu Bett.
Sonnabend den 21. I. 56
Früh auf. Mutter erschöpft, aber rasch reagierend auf mein Begehren, gestillt zu werden. Gegen Mittag Besuch Vater, wie immer sehr beherrscht. Plötzliche Sehnsucht nach vorgestern. Nachmittags weitere Verwandtenbesuche, danach seltsamste Empfindungen. Leichte Nabelverstimmung. Drei Windeln. Einiges Nachdenken über M.’s Brüste. Sechsmal gestillt. Früh zu Bett.
Sonntag den 22. I. 56
1/2 6 auf, sogleich gestillt. Viel Stuhl, vier Windeln. Empfinde die Gegenwart zweier anderer Mütter mit Kindern im Zimmer als irritierend. Aufkommende Gelbsucht. Mutter stillt unkonzentriert. Auf dem Weg zum Neugeborenen-Raum singt sie „Das Wandern ist des Müllers Lust“ – was soll das? Viel Schlaf am Nachmittag, nach Besuch Vater dennoch früh zu Bett.
Montag den 23. I. 56
Früh auf, langes Schreien, das ich als befreiend empfinde. Möchte nicht „Dutzi“ genannt werden. Plötzliche Hingezogenheit zur Schwesternschülerin Rosi, deren Berührungen mich auf differenzierteste Weise erregen. Vier Windeln. Angewidert von kalten Händen des Kinderarztes. Besuch Vater nur kurz. Man will mich morgen von hier wegbringen, wohin? Unruhiger Schlaf am Nachmittag, träume von gewaltigbedrohlichen Brüsten. Herzhaftes Schreien. Früh ohnmachtsartig zu Bett.