Im Oktober war Buchmesse. Für mich aber gab es einen weitaus wichtigeren Termin: die Olivenernte auf unserem Grundstück in Italien. Gott sei Dank hat mein Verlag großes Verständnis für meine Abwesenheit auf der Messe aus diesem bedeutenden Grund, und so war ich nicht in Frankfurt, wo ich dafür aber am 14. Dezember wieder mal eine Lesung im Schauspielhaus habe.

Wobei gegen die Buchmesse grundsätzlich nichts zu sagen ist. Ich bin dorthin früher immer mit größter Begeisterung gereist, denn was gibt es für einen Autor und Leser (ich bin beides) Schöneres als dieses große Fest des Buches.

Aber man muss seine Prioritäten kennen und ihnen folgen.

Also haben wir Oliven gepflückt, ein Riesenereignis für die ganze Familie, denn alle Kinder und fast alle Enkel waren da, einige Freunde noch dazu. Wir waren zu elft und haben in anderthalb Tagen fast 600 Kilogramm Oliven geerntet, ein Rekord für uns. Wir benötigten mehrere Autos, um das alles zur Ölmühle zu bringen, wo aus den Früchten 61 Liter Öl wurden.

Wer sich auskennt, schließt aus diesen beiden Zahlen sofort, dass die sogenannte RESA nicht besonders hoch war. Das ist der Prozentsatz, in dem sich das Verhältnis der beiden Mengen von Oliven einerseits zu Öl andererseits ausdrückt. In diesem Fall lag er bei 10,25, im Jahr vorher bei 14,65. Das lag wohl einfach daran, dass es heuer in Italien viel mehr geregnet hat als 2023. Damals waren die Oliven viel kleiner, diesmal prall und fest. Aber sie enthalten dann auch mehr Wasser, daher die niedrigere RESA.

Als ich mein Öl im Frantoio, der Mühle, in Empfang nahm, war es wieder so wie vor Jahren bei meiner ersten Ernte, die ich in Ein Haus für viele Sommer beschrieben habe.

Der ganze Raum duftet mild nach unserem Öl, ich habe das noch nie gerochen, nicht so, in dieser Intensität. Ich bin erschöpft, müde, hungrig. Mir ist, als sei dieser Moment das Ziel all der Jahrzehnte hier gewesen. Vielleicht werde ich noch oft im Frantoio sein, und vielleicht, bitte, werde ich auch noch viele hundert Liter Öl haben. Aber nie wieder wird es so sein, wie es gerade jetzt eben gewesen ist.

Nein, es war doch nicht so. „Nie wieder wird es so sein“, habe ich damals geschrieben, denn es gibt Momente, die sind unwiederholbar. (Vielleicht gilt das für die meisten Momente im Leben.) Aber es war wieder großartig, auf eine andere Weise.

Übrigens hatten wir damals, lese ich gerade in meinem eigenen Buch, 468 Kilogramm Oliven, aber 64,35 Liter Öl, also weniger Früchte, aber einen höheren Öl-Ertrag, eine RESA von sage und schreibe 18,3 Prozent.

Abends haben wir alle zusammen im Dorf gegessen und gefeiert. Auch so ist es nun Jahr für Jahr, und ich fürchte, auch die Buchmesse 2025 werde ich versäumen.